Die Entwicklung einer Fuchs-Kaninchen-Population:
              ▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀
          ein Paar nichtlinearer Differentialgleichungen 1. Ordnung
          ▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀▀

      Wer hat in freier Natur heutzutage schon mal einen Fuchs gesehen!
      Dagegen sehen wir gelegentlich Kaninchen, und sei es nur bei einer
      nächtlichen Autofahrt.  Werden es von Jahr zu Jahr mehr weil wir
      keine Füchse mehr haben?  Nein, auch ohne Füchse nimmt die Zahl
      der Kaninchen bei uns offensichtlich nicht unbegrenzt zu.  Das,
      was wir von einer angemessenen Fuchspopulation erwarten könnten,
      nämlich die natürliche Beschränkung der Kaninchenpopulation, wurde
      mit anderen Mitteln erreicht, wie etwa mit der bewußt gegen
      Kaninchen eingesetzten Viruserkrankung Myxomatose.

      Wir wollen uns nun in ein "Schlaraffenland für Kaninchen" versetzt
      denken, ohne Krankheiten und mit unbegrenztem Nahrungsangebot.
      Irgendjemand, ich weiß nicht mehr wer, ist dann auf die Idee
      gekommen, daß auch Füchse in diesem Land ideale Lebensbedingungen
      finden könnten.  Und so kamen gegen den heftigen Protest der
      Kaninchen auch einige Füchse in das Schlaraffenland der Kaninchen.

      Schon bald zeigte sich die Auswirkung dieser Maßnahme:  unter den
      zunächst zahlreichen Kaninchen fand die anfangs kleine Schar der
      Füchse leichte Beute, und sie vergrößerte sich schnell.

      Wie aber geht die Entwicklung der beiden Gruppen wohl weiter?
      Wächst die Zahl der Kaninchen und Füchse unbegrenzt?  Oder
      vernichten die Füchse schließlich alle Kaninchen und sterben dann
      auch aus?  Oder stellt sich ein Gleichgewicht ein?

      Wir wollen ein einfaches Modell aufstellen, um die Entwicklung der
      Fuchs-Kaninchen-Population zu analysieren.


      1.  Die Änderung der Kaninchenzahl mit der Zeit
          -------------------------------------------

      Da wir ein unbegrenztes Nahrungsangebot für die Kaninchen
      annehmen, würde die Zahl der Kaninchen in einer kleinen Zeitspanne
      dt um dK zunehmen, und zwar proportional zur gerade vorhandenen
      Kaninchenzahl K, in Formeln:

                               dK
          dK = Ak∙K∙dt  bzw.  ──── = Ak∙K  ,                         (1)
                               dt

      mit dem positiven Koeffizienten Ak.  Diese Gleichung läßt sich
      durch die sog.  Trennung der Variablen lösen, d. h., wir schreiben
      die Gleichung so um, daß sich die beiden Variablen K und t auf
      jeweils einer Seite befinden:

           dK
          ──── = Ak∙dt  .
            K

      In diesem Fall kann man nun mit Kenntnis der Ableitung des
      natürlichen Logarithmus erhalten:

          dLN(K) = Ak∙dt ,

      und dies ergibt sich offensichtlich aus der Ableitung der Funktion

          LN(K) = Ak∙t + C  , C eine Konstante.

      Exponentieren wir nun die Gleichung, so folgt:

               Ak∙t+C    C  Ak∙t       Ak∙t
          K = e       = e ∙e     = Ko∙e      ,                       (2)

      dabei ist dann Ko offenbar die Zahl der Kaninchen zum Zeitpunkt
      t = 0. Da Ak > 0 ist, nimmt die Kaninchenpopulation ständig zu.
      Der reziproke Wert von Ak hat offenbar die Dimension einer Zeit.
      Wir können daher statt Ak die Zeitkonstante

          ┌───────────┐
          │ Tk ≡ 1/Ak │                                             (2a)
          └───────────┘

      benutzen. Sie gibt die Zeit an, in der sich die Anzahl der
      Kaninchen um den Faktor e vergrößert.

      Damit haben wir also die Entwicklung der Kaninchenpopulation ohne
      Beeinträchtigung durch Füchse beschrieben, sie würde exponentiell
      anwachsen.

      In einer kleinen Zeitspanne dt fressen die Füchse aber eine
      gewisse Zahl von Kaninchen:  diese Zahl ist natürlich proportional
      zur Zahl F der Füchse, sie ist aber auch zur Zahl K der Kaninchen
      proportional, da mit wachsender Kaninchenzahl auch die Möglichkeit
      für die F Füchse wächst, Kaninchen zu fangen.  In der Zeit dt wird
      also die Zahl der Kaninchen um Bk∙K∙F reduziert, Bk beschreibt,
      wie stark diese Reduktion pro Zeit ist.  Wir berücksichtigen daher
      in Gleichung (1) zusätzlich die Abnahme pro Zeitintervall:

          dK = Ak∙K∙dt + Bk∙K∙F∙dt  bzw.

           dK
          ──── = Ak∙K + Bk∙K∙F     mit Ak > 0, Bk < 0.               (3)
           dt

      Man beachte, daß Bk negativ ist und daher eine Abnahme bedeutet.


      2.  Die Änderung der Fuchszahl mit der Zeit
          ---------------------------------------

      Wir betrachten zuerst die Füchse ohne Kaninchen.  Da Kaninchen die
      einzige Nahrung der Füchse sind, hätte ein plötzlicher Ausfall
      dieser Nahrungsquelle für die Füchse dramatische Folgen, die
      Fuchspopulation müßte ständig abnehmen.  Wir ersparen uns die
      detaillierte Beschreibung des Fuchssterbens und nehmen an, daß der
      Verlust an Füchsen pro Zeit proportional zur noch vorhandenen
      Fuchszahl selbst ist, in Formeln:

                               dF
          dF = Af∙F∙dt  bzw.  ──── = Af∙F  ,                         (4)
                               dt

      mit dem negativem Koeffizienten Af.  Die Gleichung (4) ist bis auf
      den negativen Koeffizienten Af genauso wie die Gleichung (1),
      daher lautet die Lösung von (4) analog zu (1):

                  Af∙t
          F = Fo∙e      ,                                            (5)

      mit Fo als Zahl der Füchse zum Zeitpunkt t = 0.  Da Af < 0 ist
      nimmt die Fuchspopulation also ständig exponentiell ab.  Der
      reziproke Wert von Af hat offenbar die Dimension einer Zeit.  Wir
      können daher statt Af die Zeitkonstante

          ┌───────────┐
          │ Tf ≡ 1/Af │                                             (5a)
          └───────────┘

      benutzen. Mit Af ist auch Tf < 0, und daher gibt Tf die Zeit an,
      in der sich die Anzahl der Füchse um den Faktor 1/e verringert
      hat.

      Zum Glück für die Füchse gibt es nun die Kaninchen!  Je mehr
      Kaninchen die F Füchse fangen können, um so rascher können sie
      ihren Verlust durch Zuwachs ausgleichen.  Dieser Zuwachs wird im
      einfachsten Fall auch zur Zahl der Kaninchen proportional sein,
      also werden wir in der Zeit dt einen Zuwachs

          Bf∙K∙F

      erwarten, der der Abnahme entgegen wirkt.  Bf beschreibt die
      Stärke der Zunahme pro Zeit.  Die Gesamtänderung der Fuchszahl pro
      Zeit dt ist damit:

          dF = Af∙F∙dt + Bf∙K∙F∙dt  bzw.

           dF
          ──── = Af∙F + Bf∙K∙F   , mit Af < 0, Bf > 0.               (6)
           dt

      Man beachte, daß Bf positiv ist und daher eine Zunahme bedeutet.


      3.  Das DGL-System für Kaninchen und Füchse
          ---------------------------------------

      Wir haben also zur Beschreibung der Änderung pro Zeit einer
      Fuchs-Kaninchen-Population zwei DGLen:

           dK    .                     │   Ak > 0
          ──── ≡ K = Ak∙K + Bk∙K∙F     │
           dt                          │   Bk < 0
                                       │                             (7)
           dF    .                     │   Af < 0
          ──── ≡ F = Af∙F + Bf∙K∙F     │
           dt                          │   Bf > 0  .

      Die Anzahlen K und F der Kaninchen und Füchse sind reine
      Funktionen der Zeit t:

          K = K(t),  F = F(t).                                       (8)

      Zur Nomenklatur:

          Differentialgleichung: Eine Gleichung, in der mindestens eine
          (Abkürzung: DGL))      Ableitung einer zu bestimmenden
                                 Funktion vorkommt

          Gewöhnliche DGL      : Die zu bestimmende Funktion hängt von
                                 genau einer unabhängigen Variablen ab
                                 (im Gegensatz zur partiellen DGL).

          Explizite DGL        : Die Ableitung größter Ordnung kann
                                 als Funktion des Restes dargestellt
                                 werden.

          Nichtlineare DGL     : Die zu bestimmende Funktion bzw. ihre
                                 Ableitung kommt nichtlinear in der
                                 Gleichung vor.

          Autonome DGL         : Die unabhängige Variable kommt nicht
                                 in der DGL vor.

          Ordnung der DGL      : Die größte vorkommende Ordnung der
                                 Ableitung der zu bestimmenden Funktion.

          DGL-System           : mehrere voneinander abhängige DGLen
                                 mit entsprechend vielen zu bestim-
                                 menden Funktionen.

      Danach haben wir mit (7) ein gewöhnliches explizites nichtlineares
      autonomes DGL-System 1. Ordnung vor uns.

      Wir wollen (7) noch unter einem anderen Gesichtspunkt betrachten.
      Aus Gewohnheit schreiben wir statt der Funktionen K(t) und F(t)
      lieber V(t) und W(t).  Allgemeiner können wir dann unser System
      (7) auch so schreiben:

          .
          V = f(V,W)   │   mit
          .            │   f und g stetig                            (9)
          W = g(V,W)   │   über den V,W-Raum.

      Zur Veranschaulichung betrachten wir ein kartesisches
      Koordinatensystem in der Ebene.  V und W beschreiben den Ort,
      .     .
      V und W stellen dann die Geschwindigkeit des Punktes V,W dar.
      Wenn f(V,W) und g(V,W) in der ganzen Ebene erklärt sind, so gibt
      es also auch für jeden Punkt eine bestimmte von der Zeit
      unabhängige Geschwindigkeit, das ist das Bild einer stationären
      Strömung!  (Geschwindigkeit zeitunabhängig).

      Wir können offenbar wegen der bekannten Geschwindigkeit den
      Nachbarort zum Punkt V,W, der in einer kleinen Zeitspanne dt
      erreicht wird, bestimmen.  Wir schreiten entsprechend der
                      .  .                      .          .
      Geschwindigkeit V, W um ein Wegstück dV = V∙dt, dW = W∙dt weiter.
      Damit haben wir eine praktisch anwendbare Lösungsvorschrift.
      Setzen wir uns zur Zeit t0 in einen willkürlich gewählten Ort
      V0,W0, so finden wir den Ort V1,W1 nach einem Zeitschritt dt,
      indem wir das Wegstück dX = f(V0,W0)∙dt, dY = g(V0,W0)∙dt zu V0,W0
      addieren so daß wir den Punkt V1,W1 erreichen:

                    .
          V1 = V0 + V0∙dt = V0 + f(V0,W0)∙dt
                    .                                               (10)
          W1 = W0 + W0∙dt = W0 + g(V0,W0)∙dt  .

      Dann wiederholen wir diese Prozedur, indem wir in (10) V0,W0 durch
      V1,W1 ersetzen, und erhalten V2,W2 usw.  In der V-W-Ebene finden
      wir so eine Lösungskurve, die offenbar durch den "Anfangspunkt"
      V0,W0 bestimmt ist.  Da wir auch die Zeitschritte kennen, haben
      wir auch V(t) und W(t) bestimmt.  Statt vom Punkt V0,W0 in der
      Zeit voranzuschreiten, können wir aber auch zurückschreiten, indem
      wir die Zeitschritte negativ nehmen.  D. h., zu jedem Zeitpunkt
      (vor und nach t0) ist eine Lösungskurve durch V0,W0 bestimmt!

      Bemerkung:  für die exakte Lösungskurve müssen die Zeitschritte dt
      im Grenzfall gegen Null gehen (und damit auch wegen der Stetigkeit
      von f und g auch dV und dW).  Da man beim praktischen Rechnen aber
      stets mit endlichen Größen arbeiten muß, ist es zweckmäßig, f und
      g im jeweiligen Punkt V,W bis zur zweiten Ordnung nach der Zeit in
      eine Taylorreihe zu entwickeln, um damit dann mit dem (endlichen)
      Zeitschritt dt die nächsten Werte dX, dY zu berechnen.  Die
      Genauigkeit der Rechnung steigt hierdurch ganz beträchtlich!

      Die Kurve, welche der Punkt V(t),W(t), ausgehend von V0,W0, mit
      der Zeit als Parameter durchläuft, nennt man "Charakteristik" des
      Differentialgleichungssystems.

      Sind die Funktionen f und g eindeutig, dann kann eine
      Charakteristik sich nicht mit sich selbst schneiden.  In einem
      Schnitttpunkt müßten andernfalls zwei verschiedene
      Geschwindigkeiten vorkommen, d.h., f bzw.  g wären mehrdeutig.

      Kehren wir wieder zu unseren Kaninchen und Füchsen und damit zum
      Gleichungssystem (7) zurück!  Ein solches System hat zwar
      analytisch einfache Funktionen f,g, die die "Geschwindigkeit"
      . .
      K,F beschreiben, aber dennoch lassen sich die Lösungen K(t) und
      F(t) nicht durch bekannte Fktn.  beschreiben, jedenfalls sind
      keine Lösungen K(t),F(t) in geschlossener Form bekannt.  Jedoch
      können wir gewisse Eigenschaften feststellen.


      4.  Die zeitlich konstante Lösung
          ----------------------------
                                      .     .
      Wenn in (7) die Zeitableitungen K und F bei einer Population Ks,Fs
      gleich Null sind, so bleibt K(t) und F(t) konstant.  Wir finden
      einen solche Lösung, indem wir die linke Seite in (7) gleich Null
      setzen und nach K,F lösen:

              .
          0 = K = Ak∙K + Bk∙K∙F = K∙(Ak + Bk∙F) ,                   (11)

              .
          0 = F = Af∙F + Bf∙K∙F = F∙(Af + Bf∙K) .                   (12)

      Eine sog.  triviale Lösung lautet offenbar:  K=0, F=0.  Sind K und
      F beide größer Null (negative K und F seien ausgeschlossen), so
      folgt aus (11) mit Bk ╪ 0 und aus (12) mit Bf ╪ 0:

          Fs = -Ak/Bk  und                                          (13)

          Ks = -Af/Bf  .                                            (14)

      Unter der Voraussetzung, daß alle Koeffizienten in (7) ungleich
      Null sind, gibt es genau eine konstante Lösung, nämlich (13) und
      (14).


      5.  Die Gleichung der Charakteristik Φ(K,F)
          ---------------------------------------

      Zum Auffinden der Charakteristik Φ(K,F) bedienen wir uns eines
      kleinen Tricks:  wir multiplizieren die Kaninchengleichung von (7)
      mit dF/dt und die Fuchsgleichung mit dK/dt und setzen gleich:

          . .      .          .
          F∙K = Ak∙F∙K + Bk∙K∙F∙F                                   (15)

          . .        .        .
          F∙K = Af∙F∙K + Bf∙K∙K∙F  ,                                (16)

      gleichsetzen:

             .          .          .        .
          Ak∙F∙K + Bk∙K∙F∙F = Af∙F∙K + Bf∙K∙K∙F   .                 (17)

      Wir dividieren nun (17) mit K∙F und erhalten:

              .                   .
              F         .         K         .
          Ak∙───  +  Bk∙F  =  Af∙───  +  Bf∙K   .                   (18)
              F                   K

      Beachten wir noch, daß

           .                          .
           K    dLN(K)     .          F    dLN(F)     .
          ─── = ────── = LN(K)  und  ─── = ────── = LN(F) ,
           K      dt                  F      dt

      so lautet (18):

               .        .        .        .
          Ak∙LN(F) + Bk∙F = Af∙LN(K) + Bf∙K    .                    (19)

      Diese Gleichung läßt sich integrieren, man erhält:

          Ak∙LN(F) + Bk∙F = Af∙LN(K) + Bf∙K + C   ,                 (20)

      C eine Konstante.  Damit haben wir die Gleichung der
      Charakteristik gefunden, allerdings nicht in expliziter Form:

          Φ(K,F) = Ak∙LN(F) + Bk∙F - Af∙LN(K) - Bf∙K - C  .         (21)


      6.  Diskussion der Charakteristik Φ(K,F)
          ------------------------------------

      Zur Diskussion des prinzipiellen Verhaltens der Charakteristik
      (21) kommt es nicht auf die Beträge, sondern nur auf die
      Vorzeichen der Koeffizienten an (die exakte Diskussion siehe
      Anhang).  Wir setzen die Beträge aller Koeffizienten gleich Eins
      und erhalten aus (21):

          LN(F') - F' + LN(K') - K'  = C'  ,                        (22)

      oder mit der Funktion

          Θ(z) = LN(z) - z                                          (23)

      folgt:

          Θ(F')   +   Θ(K')    = C'  .                              (24)

      Die Funktion Θ kommt für z von 0 bis +∞ aus -∞, hat bei z = 1 ein
      Maximum:  Θ(1) = -1, und geht dann wieder nach -∞.  Ist C' = -2,
      so gibt es nur eine Möglichkeit für K',F':  K' = 1, F' = 1.  Es
      handelt sich um den sog.  Ruhepunkt, hier bleibt die Zahl der
      Füchse und Kaninchen konstant!

      Für jedes feste C' < -2 ergibt sich folgendes Bild:  gehen wir
      davon aus, daß Θ(K') maximal ist, also K' = 1, Θ(1) = -1, so gibt
      es wegen des Kurvenverlaufs von Θ(K') genau zwei verschiedene
      Werte F' die (24) erfüllen, F'1 = F'min und F'2 = F'max.  Weichen
      wir nun nach oben oder unten von K' = 1 ab, so müssen sich die
      beiden Werte F'1 und F'2 annähern und schließlich bei F' = 1
      zusammenfallen.  Das bedeutet also eine geschlossene Kurve als
      Charakteristik, die Zahl der Kaninchen und Füchse oszillieren.

      Geben wir also ein C so vor, daß wir nicht den Ruhepunkt erhalten,
      so legen wir damit eine geschlossene Charakteristik fest, der
      Ruhepunkt liegt innerhalb dieser Kurve.

      Das genaue Zeitverhalten läßt sich durch numerische Berechnung
      entlang der Charakteristik bestimmen:  für jeden Kurvenpunkt kann
      man ja nach (7) die zeitliche Änderung berechnen.  Eine
      geschlossen angebbare Lösung ist aber nicht bekannt.

      Ändert man relativ zueinander die Vorzeichen der Koeffizienten von
      (7), so erhält man die (nicht mehr zyklischen) Lösungen anderer
      Probleme wie z.,B.  "Symbiose" oder "Totaler Krieg".


      7.  Analytische Lösung im Grenzfall F --> Fs, K --> Ks
          --------------------------------------------------

      Um eine Lösung in der Umgebung des stationären Punktes zu
      bestimmen, führt man eine Variablentransformation durch:

          x := K - Ks    y := F - Fs .                              (25)

      Damit geht das DGL-System (7) über in:

          .
          x = Ak∙(x + Ks) + Bk∙(x + Ks)∙(y + Fs)  ,
                                                                    (26)
          .
          y = Af∙(y + Fs) + Bf∙(x + Ks)∙(y + Fs)  ,


          .
          x = Ak∙x + Ak∙Ks + Bk∙(x∙y + x∙Fs + y∙Ks + Ks∙Fs)  ,
                                                                    (27)
          .
          y = Af∙y + Af∙Fs + Bf∙(x∙y + x∙Fs + y∙Ks + Ks∙Fs)  ,


          .
          x = (Ak + Bk∙Fs)∙x + Bk∙Ks∙y + Bk∙x∙y + Ak∙Ks + Bk∙Ks∙Fs,
                                                                    (28)
          .
          y = Bf∙Fs∙x + (Af + Bf∙Ks)∙y + Bf∙x∙y + Af∙Fs + Bf∙Ks∙Fs,


      und da die beiden Terme Ak+Bk∙Fs und Af+Bf∙Ks gleich Null sind,
      folgt:

          .
          x = Bk∙Ks∙y + Bk∙x∙y ,
                                                                    (29)
          .
          y = Bf∙Fs∙x + Bf∙x∙y .

      Wenn wir uns nun dem stationären Punkt Ks,Fs nähern, dann wird
      der Term mit dem gemischten Glied x∙y gegenüber den Gliedern mit x
      und y vernachlässigbar klein und wir erhalten die sog. lineare
      Näherung:

          .               │
          x = Bk∙Ks∙y     │          │x│ << Ks  ,
                          │
                          │  mit                                    (30)
          .               │
          y = Bf∙Fs∙x     │          │y│ << Fs  .
                          │

      Zur Lösung leiten wir die erste Gleichung einmal ab und setzen die
      zweite Gleichung ein, wir erhalten:
          ..
          x  = Bk∙Bf∙Ks∙Fs∙x  .                                     (31)

      Die allgemeine Lösung dieser DGL 2. Ordnung lautet:

          x(t) = a∙sin(Ω∙t + Φ)  ,                                  (32)

      mit beliebigen Konstanten a und Φ.  Die zweimalige Ableitung von
      (32) ergibt:

          ..
          x (t) = -Ω²∙a∙sin(Ω∙t + Φ) = -Ω²∙x(t)  .                  (33)

      Setzt man (33) in (31) ein, so folgt:

          -Ω² = Bk∙Bf∙Ks∙Fs  ,

                             ½   2∙π
          Ω  = (-Bk∙Bf∙Ks∙Fs)  = ───  .                             (34)
                                  P

      Auch das negativ Vorzeichen für Ω ist mathematisch eine Lösung,
      sie stellt eine zeitlich rückwärtslaufende Änderung dar, die uns
      aber nicht weiter interessiert.  Die Periode P der oszillierenden
      Lösung ist jedenfalls:

                    2∙π
          P = ───────────────   für  Bk∙Bf < 0  ,                   (35)
                            ½
              (-Bk∙Bf∙Ks∙Fs)

      und ersetzt man in diesem Ausdruck Ks und Fs unter Benutzung der
      Zeitkonstanten Tk und Tf, so zeigt sich, daß die Periode P allein
      durch die Zeitkonstanten beider Populationen beschrieben wird:

          ┌───────────────────┐
          │                 ½ │
          │ P = 2∙π∙(-Tk∙Tf)  │                                    (35a)
          └───────────────────┘  .

      Die Lösung für x lautet also:

                            t
          x(t) = a∙sin(2∙π∙─── + Φ)  .                              (36)
                            P

      Die Lösung für y(t) erhält man dann über die erste Gleichung von
      (30), sie lautet:

                   .
                   x     2∙π   a            t
          y(t) = ───── = ───∙─────∙cos(2∙π∙─── + Φ) ,
                 Bk∙Ks    P  Bk∙Ks          P

                   ┌      ┐½
                   │ Bf∙Fs│             t
          y(t) =  -│──────│ ∙a∙cos(2∙π∙─── + Φ)  .                 (37)
                   │-Bk∙Ks│             P
                   └      ┘

      Die Funktion y(t) ist gegenüber x(t) um π/2 phasenverschoben.  Der
      Punkt x(t),y(t) - und damit auch K(t),F(t) - umläuft den
      stationären Punkt mit zunehmender Zeit t auf einer Ellipse im
      mathematisch positiven Sinn. Man beachte, das die Ellipsenform
      nur im Grenzfall │K-Ks│ << Ks und │F-Fs│ << Fs gilt.


      8.  Anhang
          ------

      Beachten wir nun die Vorzeichen der Koeffizienten in unserem
      Fuchs-Kaninchen-Problem.  Schreiben wir (21) um:

          │Ak│∙LN(F) - │Bk│∙F + │Af│∙LN(K) - │Bf│∙K  = C  ,         (38)

      so sehen wir, daß wir es mit einer Summe zweier gleichartiger
      Funktionen zu tun haben, nämlich:

          Θ( Z; α,ß) = α∙LN(Z) - ß∙Z   mit Z > 0, α > 0 und ß > 0.  (39)

      Wir können die Gleichung der Charakteristik mit der Def.  (39) nun
      auch so schreiben:

          Φ(K,F) = Θ( F; Ak,-Bk) + Θ( K; -Af, Bf) - C  .            (40)

      Die Funktion Θ kommt für Z von 0 bis +∞ aus -∞, hat bei Zex = α/ß,
      Θex = Θ(Zex) = α∙(Ln(α/ß) - 1) ein Extremum und geht dann wieder
      nach -∞.  Die Konstante C, die wir bisher ohne Einschränkung
      hatten, kann offensichtlich nicht größer sein als die Summe der
      Extremwerte Θ(Fex) und Θ(Kex) sein, für C muß gelten:

          C ≤ Cmax = Ak∙{LN(-Ak/Bk) - 1} - Af∙{LN(-Af/Bf) - 1} .    (41)

      Aufgrund des rotationsparaboloidähnlichen Aussehens der Summe
      Θ(F;..  ) + Θ(K;..  ) (nach unten geöffnet) erhalten wir in der
      K-F-Ebene nach (40) geschlossene Kurven.